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Estland und seine Briefmarken
(Autor: Torsten Berndt)
Die philatelistische Zeit Estlands begann fremdbestimmt. Der Zar verweigerte den Balten das eigene Postregal. Bis zur Unabhängigkeit (Blick ins Geschichtsbuch) mussten sie daher russische Briefmarken verwenden. Tagesstempel mit kyrillischer Schrift legen Zeugnis davon ab. Einige Stücke aus jenen Tagen zusammenzutragen, ist nicht nur für Heimatsammler interessant. Belege und Einzelmarken dokumentieren auch ein Stück estnischer und letztendlich europäischer Geschichte.
1918 mochte man in Rakwere nicht warten, bis endlich nationale Briefmarken vorlagen. Am 16. November 1918 erschienen dort Aufdruckprovisorien mit der Landesangabe "Eesti". In Klammern wurde eine Zeile weiter der Ort genannt. Es folgte die Wertangabe in Kopeken. Als Urmarken dienten Ausschnitte aus russischen Streifbändern mit dem Adler-
Noch seltener sind einige Provisorien aus Tallinn. Ab 7. Mai 1919 bot die Post russische Marken mit schrägem Aufdruck "Eesti Post" an. Gleich 14 Werte umfasste der Satz, einige davon in gezähnter und geschnittener Ausführung. Ausschließlich in der Hauptstadt angeboten, galten sie bis 30. September 1919 im ganzen Land. Die 5-
Die Nummer 1
Doch kommen wir zu den regulären Ausgaben Estlands. Noch zahlte man mit Rubel und Kopeken, als am 24. November 1918 eine rötlichorange Marke mit schlichtem Blumenmuster an den Schaltern vorlag. Wie die erste Briefmarke der Welt war sie ungezähnt, wie die britische "Penny black" entstand sie im Stichtiefdruck. Die Wertstufe, fünf Kopeken, entsprach dem Postkartenporto im Inland. Auch einen Ortsbrief konnte man mit einer Marke freimachen, vorausgesetzt, er wog nicht mehr als 15 Gramm. Für jeweils weitere 15 Gramm gehörte eine zusätzliche Marke auf das Kuvert. Beim Inlandsbrief kosteten 15 Gramm 15 Kopeken.
Ihn konnte man ab 30. November mit einer Marke frankieren. Sie zeigte dasselbe Motiv und war in Blau gehalten. Erstmals experimentierte die Post mit der Linienzähnung. 3000 Stück kamen gezähnt an die Schalter. Ihnen standen gut 3,5 Millionen geschnittene Exemplare gegenüber. Das Estland-
Neue Währung
Als am 1. Januar 1919 Mark und Penni die russische Währung ablösten, verwendete man zunächst die Erstlinge weiter. Am 18. Januar kam dann eine 35-
Am 13. Mai änderte sich dies mit dem ersten Wert, der zwei fliegende Möwen zeigte. Fünf Penni betrug der Postpreis, so dass sich alle Portostufen bilden ließen. Zwei Tage später gab die Post eine weitere 5-
Luftpost-
1920 begann Estland mit der Herausgabe von Luftpost-
Die Erlöse der ersten Zuschlagsmarken kamen Kriegsopfern zugute. Bedenkt man die geringe Einwohnerzahl Estlands, können Auflagen von jeweils knapp 500.000 Stück als äußerst hoch bezeichnet werden. Zwei Zuschlagsmarken für das Rote Kreuz erzielten 1921 noch bessere Verkäufe. Von den folgenden Ausgaben konnte die Post dann deutlich weniger Exemplare absetzen. Recht teuer sind daher die Wohlfahrtsmarken von 1923, die es geschnitten und gezähnt auf jeweils rund 10.000 Stück brachten. Ein besonders schöner Zuschlagssatz mit Ansichten aus Kuressaare, Tartu, Tallinn und Narva kam 1927 an die Schalter. Auf den Verkaufserfolg wirkten sich die gelungenen Motive aber nicht aus. Nur 18.709 mal griffen die Kunden bei der Marke zu fünf plus fünf Mark zu, nur 14.529 mal beim Wert zu 40 plus 40 Mark.
Erneute Währungsreform
Zum 1. Januar 1928 gelangte neues Geld in den Umlauf. 100 Senti bildeten eine Krone. Erst am 24. Februar reagierte die Post. Marken der Serie "Handwerker" von 1922 und 1925 erhielten Aufdrucke mit der neuen Wertangabe. Ende des Jahres kamen dann Dauermarken heraus, die ihrem Namen gerecht wurden. Bis zum sowjetrussischen Einmarsch 1940 blieb der Satz mit den drei Wappenlöwen an den Schaltern. In den dreißiger Jahren machte die Post mit schönen Sonder-
Nach der sowjetrussischen Annektion von 1940 erschienen noch fünf Marken mit Inschrift "Eesti Post" oder "Eesti". Sie waren noch zu Zeiten der Unabhängigkeit vorbereitet worden. Zum 1. Januar 1941 setzten die neuen Machthaber die estnischen Marken außer Kurs. Bis zum deutschen Einmarsch Mitte 1941 mussten die Esten sowjetische Briefmarken benutzen. Unter deutschen Herrschaft erschienen zunächst verschiedene Lokalausgaben, darunter auch Marken mit Inschrift "Eesti". Schließlich galten Marken mit Inschrift "Ostland", bis die Rote Armee Estland 1944 erneut besetzte. In den Jahren bis 1991 beweisen nur Stempel die Verwendung sowjetischer Ausgaben in Estland.
Neubeginn
Knapp anderthalb Monate nach der Unabhängigkeitserklärung erschien am 1. Oktober 1991 die erste Dauerserie der zweiten Republik. Die Herstellung übernahmen mit der Wertpapierdruckerei Leipzig und der Banknotendruckerei im schwedischen Kista zwei Häuser von Weltrang. Der edle Stichtiefdruck hebt die erste Dauerserie von ihren Nachfolgerinnen positiv ab. 1992 kamen von ihr Werte mit Buchstaben-
Am 1. November 1991 folgten zwei Marken mit Abbildung der estnischen Fahne und einer Europa-
Ein eher überflüssiges Provisorium machte im Dezember 1991 in Tartu Schlagzeilen. Einen Monat lang verkauften die Postämter Papierstreifen, in welche die Wertstufe gelocht wurde. Zwischen Januar und Juni 1992 wurden damit am Schalter aufgelieferte Sendungen frankiert. Allein schon die Wertangaben lassen zumindest auf philatelistischen Einfluss schließen. Im ersten Halbjahr 1992 betrug das Porto für einen Luftpostbrief nach Übersee 40 Rubel. Der Höchstwert des Lochstreifensatzes hatte dagegen die Nominale 104,70 Rubel.
Mit einem zurückhaltenden Ausgabeprogramm gewann die estnische Post in den neunziger Jahren zahlreiche Freunde in aller Welt. Die Nennwerte der Marken entsprechen den gängigen Portosätzen. In der Regel erscheinen Marken aus nationalem Anlass oder zu internationalen Ereignissen. Eine der teuersten Ausgaben erinnert an eine der größten Tragödien der Ostseeschifffahrt. 1994 versank die Fähre "Estonia" und riss hunderte Menschen in den Tod. Die 20 Kronen Zuschlag zugunsten der Opfer des Unglücks waren natürlich happig, insbesondere für Sammler in Estland selbst. Trotzdem gelang es der Post, mit gut 100.000 Exemplaren mehr Marken zu verkaufen als vom "Via Baltica"-