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Erika Feustel, Hamburg
Das Wappen von Reval / Tallinn und seine „Verwandten“
O je, da dachte ich, ich hätte alles Bemerkenswerte an der von mir in Heft 55/2012 beschriebenen Postkarte entdeckt und dann sieht Herr Karl Lukas sofort, dass das Wappen falsch ist ! Ehrlich gesagt, bin ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen, das Wappen genauer zu betrachten, weil ich es für selbstverständlich hielt, dass ein in Reval ansässiger Verlag nur Karten mit korrektem Wappen auf den Markt bringt. Aber dank Herrn Lukas habe ich nun Anlass, mich mit dem Wappen von Tallinn und den verwandten Wappen von Estland und Dänemark zu beschäftigen.
Alle Texte, die ich zur Geschichte des Wappens gelesen habe, sind sich darin einig, dass das Wappen von Tallinn eine Variante des dänischen Wappens ist, das die vom dänischen König Waldemar II. (1202 – 1241) neu gegründete Burg Tana-
Auf goldenem Grund drei exakt übereinander angeordnete schreitende blaue „Löwen“ (auf das Thema Löwe oder Leopard gehe ich weiter unten ein), goldbewehrt (d.h. die Krallen sind golden) und rot bezungt mit goldener Krone. Die Köpfe der Löwen sind im Profil abgebildet, der Schwanz ist S-
Das heutige Staatswappen von Estland ähnelt dem Ritterschaftswappen in der Form und Anordnung der Löwen, aber die Bärte sind anders geformt, es ist etwas mehr Platz zwischen den Tieren und alle Tiere sind gleich groß.
Nun endlich folgt die Beschreibung des Wappens von Tallinn, das ja nach dem dänischen Wappen Vorbild für alle estnischen Varianten war: Dies ist das so genannte große Wappen, wie es am 23.Mai 1991 gesetzlich festgelegt wurde, aber im Grunde besteht es so seit 1788, als Zarin Katharina II. Helmzier und Schildmantel dem Schild hinzufügte. Dieses Wappen, das beiden Postkartengestaltern als Grundmuster diente, soll nun ausführlich in seiner Zusammensetzung beschrieben werden:
Auf dem Schild schreiten drei gleichgroße, übereinander angeordnete, blaue Leoparden/ Löwen mit goldenen Kronen und roten Zungen auf goldenem Grund. Sie wenden dem Betrachter das Gesicht zu und ihre Schwänze sind so flach zum Kopf hin gebogen, dass sie fast den Rücken und den Kopf berühren. In der Sprache der Heraldik ist jede schreitende Großkatze ein „Leopard“, „Löwe“ heißt eine Großkatze dann und nur dann, wenn sie aufrecht auf den Hinterbeinen steht. Der Anmerkung von Karl Lukas in EESTI POST 34/2002 habe ich entnommen, dass die Esten selbst von „leopardisierten Löwen“ sprechen, obwohl das, wie auch aus dem Beitrag von Heinz Lukaschewitz in EESTI POST 43/2006 hervorgeht, in der Sprache der Heraldik nicht korrekt ist.
Über dem Schild sitzt als Helmzier ein silberner, rot gefütterter Spangenhelm mit goldenem Halskleinod. Diese Spangen-
Der estnische Historiker Ivar Leimus hat untersucht, ab wann man das Wappen konkret in Reval / Tallinn nachweisen kann und kam zu dem erstaunlichen Befund, dass es vor der Mitte des 17. Jhs. keinen Beleg für dieses Wappen gibt. Zwar gibt es ein Stadtsiegel mit den drei „Löwen“, das erstmals 1277 nachweisbar ist, aber Leimus betont immer wieder, dass ein Siegel noch kein Wappen sei. Dieses Siegel zeigt aber schon einen gekrönten Kopf über dem Schild mit den Löwen. Ab 1564 erscheinen auf Befehl des schwedischen Königs die dänischen Löwen auf den Münzen von Reval, um den Anspruch des Königs, auch über Dänemark zu herrschen, sichtbar zu machen. Leimus vermutet, dass sich aus der Gewöhnung an das Münzbild die Vorstellung entwickelte, dies sei das Revaler Stadtwappen.
Erst 1652 findet sich die erste schriftliche Erwähnung eines Revaler Löwenwappens.
Auf der Suche nach Briefmarken, die diesen Artikel illustrieren könnten, habe ich mit dem Wappen von Tallinn nur die Caritas-
Aber während dieser Suche sind mir im Handbuch von Hurt / Ojaste einige Stempel aus dem Freiheitskrieg aufgefallen, die zeigen, dass es am Anfang der Republik einigen Stempelschneidern noch nicht so recht klar war, wie denn nun eigentlich die Wappentiere aussehen.
S. 328 die Abbildungen 79 – 82 zeigen die „leopardierten Löwen“ mit Kronen (die das Staatswappen nicht hat) und mit falsch geschwungenen Schwänzen. Auf S.344 soll die Abbildung 166 wohl ein dänisches Wappen sein, wie zumindest die Herzen zeigen, aber die Köpfe sind die der Tallinner Leoparden (den Betrachter anblickend) die Schwänze eher die der Gouvernements-
Um nun noch einmal auf die im vorigen Heft beschriebene Postkarte zurückzukommen:
Eigentlich hat der Künstler etwas sehr Geschicktes getan, denn indem er das Wappen, das man immer rein frontal betrachten soll, nach rechts unten gedreht und gekippt hat, lenkt er den Blick des Betrachters auf die Hauptsache, auf das Feld mit den handschriftlichen Mitteilungen. Aus der Sicht des Heraldikers hat er dabei aber zwei unverzeihliche Fehler begangen, erstens hat er die falschen Leoparden gewählt, (vermutlich die vom Gouvernements-
Literatur: Ivar Leimus: Einige Anmerkungen zur Geschichte der Revaler (Tallinner) Wappen und Siegel. In: Steinbrücke 1, Tartu 1998, S.55 -
Quellen der Abbildungen: EESTI – Estland, Philatelie & Postgeschichte, Handbuch, Katalog,